Pressemitteilung
Der Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG), Mischa Woitscheck, hat den heute veröffentlichten Kommunalen Finanzreport 2025 der Bertelsmann-Stiftung ernüchtert, aber keineswegs überrascht kommentiert:
„Der Finanzreport, der die Entwicklung der Kommunen in den Flächenländern seit 2014 analysiert und miteinander vergleicht, ist das Protokoll einer Vernachlässigung der kommunalen Ebene durch den Bund im Allgemeinen und der sächsischen Kommunen durch den Freistaat Sachsen im Besonderen. Seit Jahren weisen wir gebetsmühlenartig darauf hin, dass die sächsischen Kommunen zunehmend abgehängt werden. Wie bei Kassandra in der griechischen Mythologie hört uns aber niemand wirklich zu."
Aus Sicht der sächsischen Städte und Gemeinden ist eine hohe Beteiligung der sächsischen Kommunen am Infrastruktursondervermögen des Bundes das Gebot der Stunde, diesen Trend zu stoppen. „Eine unbürokratische und im Vergleich zu den anderen Bundesländern überdurchschnittliche Beteiligung der kommunalen Ebene in Sachsen ist der Lackmustest für den Freistaat, der nicht unerheblich zur weiteren Entwicklung der sächsischen Kommunen in den nächsten Jahren beitragen wird“, untermauerte der Geschäftsführer des SSG die kommunale Position.
Der SSG erwartet wie die kommunalen Spitzenverbände auf Bundesebene außerdem einen höheren Anteil an den Gemeinschaftssteuern sowie eine stärkere Beteiligung an den Soziallasten durch Bund und Land. Der Vorschlag der Bertelsmann-Stiftung, keine weiteren Aufgaben auf die Kommunen zu übertragen (Aufgabenmoratorium), bekräftigt die entsprechende Position der sächsischen Kommunen. Auch in der Forderung nach einer Aufgabenkritik sind sich die Stiftung und der SSG einig.
Entscheidend für die schlechte Entwicklung der sächsischen Kommunen ist die zu geringe Entwicklung der Zuweisungen von Bund und Land. Diese stiegen trotz zahlreicher neuer Aufgaben und Standards seit 2014 nur um 62,8 Prozent (Durchschnitt der Flächenländer: 85,5 Prozent), was der zweitniedrigste Wert von allen Flächenländern ist.
Die sächsischen Kommunen, die aufgrund einer sparsamen Aufgabenwahrnehmung regelmäßig bis Ende der 2010er Jahre Haushaltsüberschüsse erwirtschafteten und hohe Investitionen tätigten, weisen inzwischen Rekorddefizite aus. Von allen östlichen Bundesländern hatten Sachsens Kommunen 2024 das höchste Haushaltsdefizit (840 Mio. Euro bzw. 207 Euro je Einwohner).
Die schlechte Haushaltslage der sächsischen Kommunen ist nicht auf die schlechte Entwicklung der eigenen Steuereinnahmen zurückzuführen. Die Steuereinnahmen stiegen von 2014 bis 2024 überdurchschnittlich an (+70 Prozent je Einwohner im Vergleich zu + 62 Prozent im Durchschnitt der Flächenländer). Der Personalkostenanstieg in Sachsens Kommunen war in den 10 Jahren seit 2014 zwar erheblich, fällt jedoch geringer als in den anderen Flächenländern aus (+57 Prozent je Einwohner; Flächenländer: +82 Prozent je Einwohner).
Besorgniserregend ist die Entwicklung der Sachinvestitionen. Von 2014 bis 2020 rangierten Sachsens Kommunen vor allen anderen östlichen Bundesländern auf dem dritten Platz. 2022 erfolgte dann der Absturz auf einen „Abstiegsplatz“, von dem man sich auch in den Jahren 2023/2024 nicht mehr wirklich erholt hat. Die sinkenden Investitionen gehen einher mit einer inzwischen wieder zunehmenden Verschuldung. Besonders deutlich wird das an den kurzfristigen Kassenkrediten. Aufgrund langjähriger guter Haushaltswirtschaft ist das Niveau der sächsischen Kommunen zwar immer noch unterdurchschnittlich (92 Euro je Einwohner im Vergleich zu 412 Euro je Einwohner für den Durchschnitt der Flächenländer). Mit Ausnahme Baden-Württembergs war der Anstieg der Kassenkredite seit 2014 aber in keinem Land höher als in Sachsen (+274 Prozent je Einwohner).
Hinweis: Der Kommunale Finanzreport der Bertelsmann Stiftung erscheint seit 2013 alle zwei Jahre und basiert auf den jeweils aktuellen amtlichen Statistiken. Durch die Nutzung insbesondere der Bundesstatistik kann es auch zu Abweichungen von den Daten des Statistischen Landesamtes des Freistaates Sachsen kommen.
Kontakt:
Mehr als 4 Millionen Einwohner – 416 Städte und Gemeinden – eine Stimme: Der Sächsische Städte- und Gemeindetag (SSG) ist der kommunale Spitzenverband der Städte und Gemeinden des Freistaates Sachsen. 416 der 418 sächsischen Städte und Gemeinden bilden beim SSG eine starke Gemeinschaft. Der SSG fördert die Rechte und Interessen der Städte und Gemeinden und vertritt sie gegenüber der Landesregierung, dem Landtag sowie zahlreichen anderen Landesorganisationen. Der Verband berät seine Mitglieder, vermittelt ihnen Informationen und pflegt deren Erfahrungsaustausch. Weitere Informationen: www.ssg-sachsen.de |