Nr. 6/23

2022er Kassensturz der sächsischen Kommunen – Mehrere Krisen gleichzeitig führen zu Rekorddefizit in den Kommunalhaushalten

Pressemitteilung

Sachsens Kommunen haben das Jahr 2022 mit einem Rekorddefizit von rund 262 Mio. Euro in ihren Kernhaushalten und doppisch buchenden Extrahaushalten abgeschlossen. Die Auswirkungen der Coronamaßnahmen, der Krieg in der Ukraine, die Energiepreisentwicklung sowie die darüber hinaus sehr hohe Inflation haben die Kommunalhaushalte in eine Schieflage gebracht. Die entstandenen Defizite mussten teilweise über (Kassen-)Kredite finanziert werden.

Verglichen mit dem Jahr 2021 hat sich der kommunale Saldo aus Einnahmen und Ausgaben* im abgelaufenen Jahr sogar um mehr als 600 Mio. Euro oder 150 Euro pro Einwohner verschlechtert. Sowohl in den Kreisfreien Städten, den Landkreisen als auch in den kreisangehörigen Gemeinden hat sich die Finanzsituation gegenüber dem Vorjahr deutlich eingetrübt. Besonders hoch war das Defizit im Jahr 2022 in den Kreisfreien Städten, deren Einnahmen rund 310 Mio. Euro hinter den Ausgaben zurückgeblieben sind. Dass die Defizite nicht noch höher ausgefallen sind, ist auch auf den Corona-Rettungsschirm zurückzuführen, den die kommunalen Landesverbände mit dem Finanzministerium im Frühjahr 2020 ausgehandelt hatten und den der Landtag später bestätigte. Er hat die kommunalen Haushalte letztmalig im Jahr 2022 mit rund 103 Mio. Euro unterstützt.

Der Sächsische Städte- und Gemeindetag (SSG) sieht die negative Entwicklung der Kommunalhaushalte mit großer Sorge. Die Entlastungsmaßnahmen des Bundes für die Bürgerinnen und Bürger, die vom SSG ausdrücklich begrüßt werden, wirken sich im Verbund mit einer Abkühlung der Wirtschaft zunehmend auf die kommunalen Steuereinnahmen aus. Letztere sind 2022 zwar noch leicht gestiegen. Gegenüber der Steuerschätzung vom Oktober 2022 blieben sie im vergangenen Jahr jedoch um fast 100 Mio. Euro hinter den Erwartungen zurück. Insgesamt stiegen die Einnahmen der Kommunen 2022 zwar um rund 500 Mio. Euro, die kommunalen Ausgaben jedoch noch stärker (um 1,1 Mrd. Euro  oder +7,7 %).

Rekordverdächtig sind die Investitionsausgaben 2022 in Höhe von fast 2,6 Mrd. Euro. Der Anstieg um 8,5 % (+203 Mio. Euro) ist mit kommunalen Eigenmitteln finanziert worden. Das verdeutlicht einmal mehr die große Bedeutung kommunaler Investitionsmaßnahmen für die regionale Wirtschaft. Trotz der inflationär bedingten Kostensteigerungen gingen demgegenüber die investiven Fördermittel des Landes zurück.

Eine Trendwende zeigt sich bei der Verschuldung. Nach vielen Jahren des Schuldenabbaus haben die sächsischen Kommunen in 2022 rund 85 Mio. Euro mehr Schulden für ihre Kernhaushalte aufgenommen als getilgt. Und auch das Kassenkreditvolumen hat sich fast verdreifacht auf 316 Mio. Euro.

Der Geschäftsführer des SSG, Mischa Woitscheck, sagte dazu:

Explodierende Preise für Energie und Investitionsmaßnahmen, steigende Personal- und Sozialausgaben sowie der über viele Jahre aufgelaufene Investitionsstau stellen die Kommunalhaushalte vor gravierende Herausforderungen. Leider werden wir auch im laufenden Haushaltsjahr 2023 keine Entspannung sehen. Eine Vielzahl von Kommunen hat Probleme, überhaupt einen genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Da viele Landkreise ihre Kreisumlagen erhöhen, verschlechtert sich trotz steigender Steuereinnahmen und Zuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich die Haushaltssituation vieler kreisangehöriger Gemeinden. Der vorliegende Kassensturz und der Blick in die Zukunft zeigen, dass unsere Kommunen keinerlei Spielraum für die überzogenen Entgeltforderungen der Gewerkschaften im laufenden Tarifstreit haben.

 Anmerkung:

* Das doppische Rechnungswesen verwendet das Begriffspaar „Einzahlungen und Auszahlungen“. Hier soll ausnahmsweise an den bekannteren kameralen Begriffen „Einnahmen und Ausgaben“ festgehalten werden, die nur geringfügig von den Ein- und Auszahlungen abweichen.


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